Vogelfotografie: Vögel im Flug fotografieren
Die Belichtung in der Vogelfotografie
Die Belichtung ist eine Kombination aus Blendenwert, Verschlusszeit und ISO-Wert. Aber wir werden uns hier nicht mit der technischen Seite der Belichtung widmen. Hierfür empfehlen wir ganz klar einen Fotokurs. Wir werden uns stattdessen um andere Faktoren kümmern, welche die Belichtung ebenfalls beeinflussen. Du erfährst, worauf du achten musst und was du vielleicht in der Vogelfotografie eher vernachlässigen kannst. Danach werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Position und die Perspektiven in der Vogelfotografie.
Warum fotografiere ich nur Silhouetten von Vögeln
Stell dir vor: Du siehst diesen wunderschönen Vogel im Flug, er fliegt direkt auf dich zu und es ist auch noch ein Exemplar, welches du noch nie zuvor fotografiert hast. Eine Situation, die besser nicht sein könnte und es kommt nur noch darauf an die Kamera schnellstmöglich einzustellen, um den Moment nicht zu verpassen. Die Belichtungszeit, den Blendenwert und den ISO-Wert hast du bereits eingestellt und die Belichtungsanzeige deiner Kamera bestätigt dir, das alles passen sollte. Du machst eine Reihe von Serienaufnahmen und beim anschließenden Blick auf das Display, stellst du mit Entsetzen fest, du hast nur eine Reihe von dunklen Silhouetten auf deinen Bildern! Die Enttäuschung ist groß und deine letzte Hoffnung liegt in der Nachbearbeitung. Aber, nicht einmal die Tatsache, dass du deine Bilder in RAW aufgenommen hast, kann dir in der Nachbearbeitung noch helfen.
Was ist also schiefgelaufen? Es gibt darauf natürlich ein paar mögliche Antworten, aber erfahrungsgemäß ist der häufigste Grund die Belichtungsmessung. Deine Kamera hat die Belichtung anhand der gesamten Szene erfasst und in der Belichtungsanzeige wiedergegeben. Das große Problem ist, dass der größte Teil der Szene aus hellem Himmel und/oder weißen Wolken bestand, sodass dein dunklerer Vogel für die Kamera nur eine minimale Priorität in der Messung hatte. Das Problem besteht also in der eingestellten Messmethode.
Kameramessmethoden in der Vogelfotografie
In der Fotografie wird meistens die Belichtung anhand der gesamten Szene gemessen. Die Kamera ist dann meist auf eine Mehrfeldmessung eingestellt. Sie misst die Lichtstärke durch viele kleine Segmente (Felder) über den gesamten Bildbereich. Aus dem Ergebnis berechnet die Kamera dann einen Mittelwert für die Belichtung. In unserem vorherigen Beispiel hat aber genau diese Messmethode zu dem schlechten Bildergebnis geführt.
In der Vogelfotografie liegt dein Hauptaugenmerk nur auf einem kleinen Motiv, dem Vogel. Die richtige Belichtung der Umgebung ist also nicht ganz so entscheidend, wie die Belichtung des Vogels. Deshalb empfehlen wir dir die Spotmessung. Sie misst das Licht nur in einem kleinen Teil des Bildes (normalerweise 1 bis 5 %). Diese Messmethode ist vor allem bei extremen Lichtverhältnissen sehr nützlich, z. B. dunkle Vögel bei strahlendem Sonnenschein am Himmel. Natürlich kann es dann auch mal dazu kommen, dass der Hintergrund überbelichtet ist. Aber das wichtigste ist, dass die Belichtung auf dem Vogel richtig sitzt. Da wir selbstverständlich in RAW fotografieren, kann man hier auch noch viel in der Nachbearbeitung korrigieren. Mit etwas Erfahrung und Übung wirst du hier aber schnell ein Gefühl für die beste Einstellung und die spätere Nachbearbeitung bekommen.
Hinweis: Die Spotmessung ist in den meisten Situationen die beste Messmethode für die Vogelfotografie. Da die Größe eines Vogels im Vergleich zu seiner Umgebung oft sehr klein ist, führen die anderen Belichtungsmessungen in den meisten Fällen zu ungewollten Bildergebnissen.
Der ISO-Wert
Der ISO-Wert sollte manuell eingestellt werden. Im Normalfall solltest du einen großen Bogen um die Auto ISO Einstellung machen. Eventuell kannst du aber den Auto ISO bei schnell wechselnden Lichtverhältnissen verwenden. Zum Beispiel, wenn ein Vogel sich in einem Baum zwischen schattigen und sonnigen Bereichen bewegt. Aber selbst dann solltest du keine hohen Erwartungen an die Ergebnisse haben. Der ISO-Wert in der Vogelfotografie sollte generell manuell und je nach Lichtsituation eingestellt werden.
Belichtung vorab einstellen
Es ist auch möglich die Kamera grob vorab einzustellen, für eine einigermaßen passende Belichtung. Wenn du dir nicht sicher bist, ob du als Nächstes einen hellen oder dunklen Vogel fotografierst, dann finde eine Stelle oder ein Objekt, welches nicht zu hell, aber auch nicht zu dunkel ist. Ein „durchschnittlich beleuchteter“ gräulicher Baumstamm, wäre in diesem Fall ideal. Nutze ihn als Motiv, für die Einstellung deiner Kamera und finde so eine neutrale Belichtung. Je nachdem, ob dein nächster Vogel dunkel oder hell ist, musst du die Grundeinstellung nur noch leicht nachkorrigieren. Wenn du einen weißen Vogel fotografieren möchtest, mache genau das Gleiche, nur mit einem hellen Objekt in der Nähe. Dementsprechend suchst du dir bei einem schwarzen Vogel ein dunkles Objekt.
Hinweis: Gerate beim Fotografieren nicht in Panik, wenn deine Vorabeinstellung nicht zu 100 % passt. Deine Vorabeinstellungen sollten zumindest ein brauchbares Ergebnis für eine Nachbearbeitung liefern. Einige Aufnahmen wären auch ohne eine Vorabeinstellung fast unmöglich zu fotografieren. Da sich das Licht, auch im Laufe des Tages durch vorbeiziehende Wolkenformationen oder andere Faktoren schnell ändern kann, solltest du aber nicht vergessen deine Einstellungen anzupassen.
Bracketing – Belichtungsreihen
Mit der Belichtungsreihe kannst du zwei oder drei (oder bei manchen Kameras auch mehr) Aufnahmen machen und deine Kamera passt dabei automatisch die Belichtung zwischen den Aufnahmen an. In den meisten Fällen kannst du die Anzahl der Belichtungsreihen und die Blendenstufen zwischen den einzelnen Aufnahmen auswählen. Zum Beispiel kannst du die Anzahl der Belichtungsreihe auf 'drei Bilder' stellen und die Belichtungsanpassung zwischen ihnen beträgt eine Blendenstufe. Du hast dann auch die Möglichkeit, die Reihenfolge der Belichtungsreihe zu wählen (zum Beispiel zuerst das unterbelichtete Bild -1, dann das Bild mit der gewünschten Belichtung 0, und dann das überbelichtete Bild +1).
Belichtungsreihen eignen sich für den Fall, das:
- Du, die Belichtung deiner nächsten Aufnahme vorab einstellen musst, aber du dir nicht sicher bist, ob der nächste Vogel eher hell oder dunkel ist.
- Du weiße oder schwarze Vögel fotografierst und du bedenken vor einer Über- oder Unterbelichtung hast.
- Du einen schwarz-weißen Vogel fotografierst und du sichergehen willst, dass eine deiner Aufnahmen beide Tonwertbereiche abdeckt.
Übe am besten ein wenig die Einstellungen und Verwendungsmöglichkeiten von Belichtungsreihen. Es ist ein sehr praktisches Werkzeug und kann dir hervorragende Dienste leisten.
Tipps zur Belichtung in der Vogelfotografie
- Das Fotografieren von sehr hellen oder weißen Vögeln gestaltet sich besonders bei strahlendem Sonnenschein schwierig. Hier ist die Gefahr groß, dass dein Motiv überbelichtet festgehalten wird. Daher solltest du dein Bild vorab etwas unterbelichten (um 0,3 - 1 Blendenstufe). Leichte Überbelichtungen lassen sich in der Nachbearbeitung auch noch ohne Probleme korrigieren. Aber wenn die überbelichteten Bereiche keine Farbinformationen mehr enthalten, kann hier auch die Nachbearbeitung nicht mehr helfen.
- Bei einem Bild von einem dunklen oder schwarzen Vogel, sollte dein Bild nicht zu unterbelichtet sein. Bei einer Korrektur in der Nachbearbeitung, könnte dies zu Bildrauschen in den schwarzen Bereichen deines Motivs führen. Eine leichte Überbelichtung beim Fotografieren ist hier sinnvoller und macht die Nachbearbeitung leichter.
- Im Zweifelsfall solltest du einfach versuchen, die Belichtung mehr oder weniger neutral zu halten. Solange du dich einigermaßen in der Mitte des Dynamikbereichs deiner Kamera bewegst, solltest du in der Lage sein, helle oder dunkle Bereiche in der Nachbearbeitung erfolgreich zu korrigieren.
- Strahlender Sonnenschein ist nicht unbedingt ideal für die Vogelfotografie. Wenn du also einen Tag erwischst, an dem der Himmel von einer dünnen Wolkenschicht bedeckt ist, schnapp dir deine Ausrüstung für ein Vogel-Shooting! Du wirst nie einen besseren Diffusor für das Sonnenlicht haben, wie einen leicht bewölkten Himmel!
- Wenn es dich dennoch an sonnigen Tagen nach draußen zieht, gelingen dir die besten Aufnahmen frühmorgens und am späten Nachmittag. Aber auch nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang hast du eine ganz besondere Stimmung auf deinen Bildern und ein angenehmes Licht zum Fotografieren.
- Wenn du ein Zoomobjektiv verwendest, welches keine durchgängige Blende hat, beachte unbedingt das sich der Blendenwert bei einer offenen Blende beim Zoomen vom Weitwinkel in den Telebereich verändern kann. Beispiel Canon EF 18-55 mm f/3.5-5.6: hier haben wir bei einer Brennweite von 18 mm einen max. Blendenwert von f/3.5 beim Zoomen auf 55mm, verändert dieser sich zu f/5.6.
Hinweis: Ohne vorherige Einstellung können sehr helle oder sehr dunkle Vögel über- oder unterbelichtet auf dem Bild rauskommen. Das passiert vor allem immer dann, wenn der Kontrast zwischen Vogel und Hintergrund zu groß ist. Mit ein wenig Vorbereitung kannst du hier deutlich bessere Ergebnisse erzielen. Wenn du eine bestimmte Vogelart fotografieren willst, dann weißt du meist vorher, ob dieser ein helles oder ein dunkles Gefieder hat. Fotografiere weiße Vögel lieber etwas unterbelichtet und schwarze Vögel lieber etwas überbelichtet. Du kannst dann in der Nachbearbeitung, die entsprechenden Korrekturen vornehmen und ein besseres Endergebnis erzielen. Experimentiere, bis du ein Gespür für die benötigten Einstellungen und für die entsprechende Situation bekommst.
Perspektive und Position
Was haben denn „die Perspektive und die Position“ mit der Belichtung zu tun? Auf den ersten Blick nicht sehr viel, aber auf den zweiten Blick eine ganze Menge. Meist ist das Umgebungslicht gegeben und du musst deine Belichtung an die Umgebung anpassen. Allerdings steht es dir oft frei, deine Position und deinen Kamerawinkel zu ändern und genau das kann dazu führen, dass du die Lichtbedingungen zu deinem Vorteil nutzen kannst.
Fotografiere mit dem Licht
Wenn du dich in der Nähe eines Vogelhäuschens auf die Lauer legst, versuche am besten die Sonne im Rücken zu haben und mit dem Licht zu fotografieren. Das funktioniert natürlich auch bei anderen Motiven und als Anfänger eine gute Strategie, um gute Ergebnisse zu erzielen. Immer dann, wenn du einen Platz gefunden hast, an dem der Vogel regelmäßig erscheint, versuche deine Position so zu wählen, dass du mit der Sonne fotografierst.
Das Fotografieren im Gegenlicht kann als Einsteiger in der Vogelfotografie ziemlich frustrierend sein. Auch in der Nachbearbeitung und besonders bei dunklen Vögeln, ist meist auch nicht mehr viel zu retten. Aber mit ein wenig Übung kann man mit Gegenlicht auch wunderschöne Bilder fotografieren. Besonders bei sehr hellen Vögeln kannst du im richtigen Moment beeindruckende Aufnahmen schießen. Lass dir Zeit und probiere es einfach aus, Bilder mit Gegenlicht zu fotografieren. Nicht nur deine Bilder werden nach und nach, immer besser werden, sondern auch dein Gespür für die unterschiedlichen Lichtsituationen.
Hinweis: Für gute Ergebnisse, ist es einfacher mit der Sonne im Rücken zu fotografieren. Aber wenn das mal nicht möglich ist, kann man auch interessante Aufnahmen mithilfe von Gegenlicht fotografieren.
Achte auf deinen Hintergrund
Eine fantastische Eigenschaft von Teleobjektiven ist, die Abbildung von schönen weichen Hintergründen. Das Geheimnis ist, dass du so nah wie möglich mit der Kamera an den Vogel heran musst. Der Hintergrund sollte dabei aber etwas weitläufiger sein. Es darf ein wenig im Hintergrund los sein, ein Baum, eine Baumreihe oder ein Gebüsch, welche verschwommen im Hintergrund für Atmosphäre sorgen. Du benötigst allerdings auch etwas Entfernung vom Motiv zum Hintergrund, damit das ganze mehr Wirkung erzielt. Wenn dich etwas im Hintergrund stört, versuche einfach deinen Kamerawinkel oder deine Position so zu verändern, bis der Störfaktor aus dem Bild ist.
Die Perspektive
Die Farben einiger Vögel reflektieren viel schöner aus bestimmten Winkeln und kommen dadurch besser zur Geltung. Dabei spielt es nicht nur eine Rolle in welchen Winkel der Vogel sich zu dir befindet, sondern auch die Richtung des Sonnenlichtes. Beobachte dein Motiv zum Beispiel im Flug und versuche herauszufinden bei welchen Flugbewegungen der Ideale Winkel zustande kommt, welcher die Farben am schönsten reflektiert. Mit ein wenig Übung kannst du hier schnell Flugmuster erkennen und dadurch um einiges mehr aus deinen Bildern herausholen.
In Bezug auf die Perspektive, ist es natürlich wenig spannend einen Vogel, der weit oben auf einen Baum sitzt, steil von unten zu fotografieren. Versuche, wenn möglich einen Aussichtspunkt zu finden, der mindestens auf der gleichen Höhe wie dein Motiv ist.
Bei einem Vogel im Flug offenbart dieser meist wunderschöne Federdetails. Diese kann man natürlich von unten einfangen. Eine Perspektive, die jeder Spaziergänger kennt. Aber wenn man den gleichen Vogel von einem höheren Aussichtspunkt aus fotografieren kann, also auf den Vogel hinunter, wirkt dieser durch die Perspektive völlig anders für den Betrachter. Auf einigen Bildern kann das sogar die Wirkung haben, dass der Betrachter das Gefühl hat neben oder über dem Vogel zu fliegen.
Hinweis: In der Fotografie haben deine eigene Position und die Perspektive, mit der du fotografierst, einen enormen Einfluss auf die Bildwirkung. Nicht nur, dass du das Umgebungslicht zu deinem Vorteil einbeziehen kannst, sondern auch wie dein Motiv auf den Bildern wirkt. Interessant ist oft eine Perspektive, die der Betrachter nicht aus dem Alltag kennt. Sei kreativ und probiere dich aus, oft wirst du dann mit einzigartigen Bildern belohnt.
Fazit
Die Belichtung ist zweifelsohne der wichtigste Aspekt der Vogelfotografie. Ein perfekt scharfes oder gut komponiertes Bild ist nutzlos, wenn du keine Details deines Motivs erkennen kannst (es sei denn, du willst eine Silhouette)!
Es kommen viele Faktoren zusammen und sicherlich wird es ein wenig dauern, bis du deine Kamera in Sekundenschnelle einstellen kannst. Aber mit ein wenig Übung und Routine wirst du deine Kamera blind auf jede Situation einstellen können.
Achte vor allem auf deinen ISO-Wert. In der Vogelfotografie ist das der wichtigste Wert, mit ihm regelst du die Belichtung. Sobald du hier nicht mehr weiter runter kannst, solltest du die Verschlusszeit und/oder den Blendenwert anpassen, um die Belichtungsstufe zu verringern.